1. Oktober 2012
(o-ton) Allen Erfolgsmeldungen zum Trotz hat der deutsche Arbeitsmarkt ein Problem: Ein hohes Maß an verfestigter Arbeitslosigkeit. Mehr als drei Millionen Menschen sind in Deutschland langzeitabhängig von Hartz IV-Leistungen und können nicht unmittelbar in Arbeit vermittelt werden. Der Deutsche Landkreistag und der Deutsche Städtetag haben sich deshalb für den „Sozialen Arbeitsmarkt“ ausgesprochen, der arbeitsmarktfernen Menschen mit öffentlich geförderten Arbeitsplätzen eine (langfristige) Beschäftigungsperspektive bietet.
Trotz weiterhin solider Arbeitsmarktlage, auch in Deutschland gibt es sie noch, die Arbeitslosen. Und hierzulande ist der Anteil derer, die langzeitabhängig von Sozialleistungen sind, besonders hoch. Über drei Millionen Menschen bezogen in den letzten zwei Jahren länger als 21 Monate Hartz IV. Das entspricht fast 70 Prozent aller erwerbsfähigen Personen im Hartz IV-System.
Der Großteil dieser Menschen hat keine unmittelbare Chance am Arbeitsmarkt. Sie sind so „arbeitsmarktfern“, dass eine langfristige Unterstützung notwendig ist.
Diese Unterstützungsmöglichkeiten brechen mit den umfangreichen Einschränkungen und Sparmaßnahmen der Bundesregierung bei der Arbeitsmarktpolitik immer mehr weg. Beispiel Ein-Euro-Jobs: Hier sank der Bestand an Teilnehmern seit 2009 (Jahresdurchschnitt) um rund 54 Prozent auf weniger als 150.000 Personen im September 2012. Die Reformen der Regierung gehen damit auf Kosten der am Arbeitsmarkt besonders benachteiligten Personen, denn den Jobcentern schwinden die Möglichkeiten, sich um diese zu kümmern.
Auf diese Entwicklung reagieren nun auch die kommunalen Spitzenverbände. Der Deutsche Landkreistag (DLT) und der Deutsche Städtetag (DST) haben sich jeweils mit einem „Positionspapier zum Sozialen Arbeitsmarkt“ beziehungsweise dem Entwurf eines kommunalen Eckpunktepapiers „Öffentlich geförderte Beschäftigung – Teilhabe am Arbeitsmarkt“ für einen „Sozialen Arbeitsmarkt“ ausgesprochen. Für viele Langzeitleistungsbezieher sind öffentlich geförderte Arbeitsplätze oft die einzige Möglichkeit der Teilhabe am Arbeitsleben, heißt es im Papier des DST. Gefordert sei daher ein Umsteuern bei der Arbeitsmarktpolitik. Gerade für die schwer vermittelbaren Personengruppen müsste es weiterhin Fördermöglichkeiten geben. Diese sollten zudem passgenau sowie auch aufwändig und längerfristig angelegt sein.
Die kommunalen Spitzenverbände regen zudem an, die Kriterien der Zusätzlichkeit und der Wettbewerbsneutralität für die öffentlich geförderten Arbeitsplätze aufzugeben. Diese Einschränkungen führten nur zu einer extremen Marktferne der Tätigkeiten, die kaum einen Beitrag dazu leisten, die Teilnehmer für den ersten, ungeförderten Arbeitsmarkt zu qualifizieren. Wenn zudem grundsätzlich alle Arbeitgeber die öffentliche Förderung von Arbeitsplätzen nutzen könnten, wäre der gefürchtete Wettbewerbsvorteil für die Träger, die die öffentlich geförderten Arbeitsplätze anbieten, aufgehoben.
Zur Finanzierung des „Sozialen Arbeitsmarktes“ schlagen Städte- und Landkreistag vor, den so genannten Passiv-Aktiv-Transfer als anteilige Finanzquelle zu prüfen. Die Gelder, die für die passiven Leistungen der Arbeitsmarktpolitik im Hartz IV-System (Arbeitslosengeld II und Kosten der Unterkunft) aufgewendet werden, werden nach diesem Modell in öffentlich geförderte Arbeitsplätze investiert. Der kurzfristig höhere Kostenaufwand für die Förderung könnte sich dann amortisieren, wenn die passiven Leistungen durch die Integration in Arbeit mittelfristig überflüssig werden.
Zum Weiterlesen:
Deutscher Landkreistag, Positionspapier zum Sozialen Arbeitsmarkt
Deutscher Städtetag, Kommunale Eckpunkte für öffentlich geförderte Beschäftigung