22. Mai 2015
(o-ton) Die Opposition fordert Reformen bei der Arbeitsmarktpolitik für Langzeitarbeitslose. Ihre Anträge wurden am Montag im Ausschuss für Arbeit und Soziales mit Sachverständigen diskutiert. Im Gespräch mit O-Ton positionierten sich zudem die arbeitsmarktpolitischen Sprecher der Parteien.
Bei einer Anhörung im Ausschuss für Arbeit und Soziales des Bundestags plädierten die geladenen Sachverständigen mehrheitlich für Reformen der arbeitsmarktpolitischen Instrumente für Langzeitarbeitslose. Beraten wurden Anträge der Oppositionsparteien, in denen diese unter anderem fordern, mehr Geld in die arbeitsmarktpolitische Förderung zu investieren, öffentlich geförderte Arbeitsplätze zu schaffen, diese über den so genannten Passiv-Aktiv-Transfer zu finanzieren, und Langzeitarbeitslosen vorrangig berufsqualifizierende Weiterbildungen anzubieten, statt sie in kurzfristige Beschäftigungsverhältnisse im Niedriglohnsektor zu vermitteln.
Die Finanzierung öffentlich geförderter Beschäftigung durch den Passiv-Aktiv-Transfer wurde intensiv besprochen. Die SPD erkundigte sich bei Petra Zwickert von der Diakonie Deutschland, die den PAT schon lange fordert und ein Rechtsgutachten zum Thema in Auftrag gegeben hat, nach den rechtlichen Umsetzungsmöglichkeiten und erfuhr, dass dem PAT bundes- und landesrechtlich nichts im Wege stehe. Ingo Kolf vom Deutschen Gewerkschaftsbund sprach sich für einen „begrenzten“ PAT aus, damit dieser finanziell nicht ausufere.
Holger Schäfer vom Institut der deutschen Wirtschaft hielt dagegen, dass ein öffentlich geförderter Beschäftigungssektor nicht hilfreich sei, um Langzeitarbeitslose in den ersten Arbeitsmarkt zu bringen. Christina Ramb von der Bundesvereinigung Deutscher Arbeitgeberverbände bekräftigte, dass sich öffentlich geförderte Beschäftigung auf die Fälle beschränken solle, wo es um die Heranführung an Arbeit gehe. Martin Künkler von der Koordinierungsstelle Gewerkschaftlicher Arbeitslosengruppen sprach sich für öffentlich geförderte Beschäftigung aus, forderte aber Qualitätsstandards. Sie müsse einem regulären Arbeitsplatz sehr nahe kommen, längerfristig angelegt sein und die Entlohnung aus dem Leistungsbezug herausführen.
Weiterhin wurde der Eingliederungsetat problematisiert. Die Vertreterinnen von Caritas und Diakonie, Frau Fix und Frau Zwickert, sprachen sich dafür aus, die in den letzten Jahren massiv beschnittenen Eingliederungsmittel wieder anzuheben. Irene Vorholz vom Deutschen Landkreistag kritisierte in diesem Zusammenhang die Sonderprogramme des Arbeitsministeriums. Es sei problematisch, dass Gelder gebunden würden, die dann für andere Fördergruppen nicht mehr zur Verfügung stehen. Die Jobcenter würden so finanziell stark eingeschränkt und könnten nicht mehr entsprechend ihrer individuellen Problem- und Arbeitsmarktlage agieren.
Auch die Einschränkungen bei der Förderdauer und -häufigkeit wurde als Problem identifiziert. Frau Vorholz und Joß Steinke vom Arbeiterwohlfahrt Bundesverband e.V. plädierten dafür, diese aufzuheben. Frau Fix und Frau Zwickert forderten zudem eine höhere Flexibilität bei den Maßnahmen. Hier thematisierten die anwesenden Experten besonders die Arbeitsgelegenheiten („Ein-Euro-Jobs“). Es herrschte Einigkeit darüber, dass die Einschränkungen durch Wettbewerbsneutralität, Zusätzlichkeit und öffentliches Interesse kontraproduktiv seien und arbeitsmarktferne Arbeitswelten schaffen. Diskutiert wurde daher, den örtlichen Beiräten in den Jobcentern die Bewilligung der Arbeitsplätze zu überlassen.
Gerhard Bosch, Professor für Arbeits- und Wirtschaftssoziologie an der Universität Duisburg Essen, sprach sich für mehr Investitionen in berufsqualifizierende Weiterbildung aus. Die Arbeitsmarktpolitik sei künftig viel stärker an der Fachkräftesicherung auszurichten. Es müssten wieder mehr Langzeitarbeitslose beruflich qualifiziert und zum Abschluss gebracht werden. Dabei sei es wichtig, dass sich Bildung für die Betroffenen auch lohne und sie gegenüber unqualifizierten Arbeiten nicht schlechter stelle, denkbar seien hier Bildungsprämien.
Zum Weiterlesen:
Anhörung im Ausschuss für Arbeit und Soziales, „Arbeitsmarktpolitik für Dauerarbeitslose ändern“
Die Grünen, Arbeitsförderung neu ausrichten – Nachhaltige Integration und Teilhabe statt Ausgrenzung
Die Linke, Fünf-Punkte-Programm zur Bekämpfung und Vermeidung von Langzeiterwerbslosigkeit