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Es werden mehr! 480.000 Menschen nahezu chancenlos am Arbeitsmarkt

(o-ton) Mehr als 480.000 Menschen in Deutschland haben nahezu keine Chance am Arbeitsmarkt. Das ist das Ergebnis einer Studie des Instituts für Bildungs- und Sozialpolitik (IBUS) der Hochschule Koblenz. Trotz guter Arbeitsmarktlage ist ihre Zahl im Vergleich zum Vorjahr noch gestiegen. In den Familien dieser Menschen leben über 340.000 Kinder unter 15 Jahren – ebenfalls deutlich mehr als noch im Vorjahr.

Der deutsche Arbeitsmarkt scheint besonders aufnahmefähig. Die Arbeitslosenzahlen sinken und die Zahl der Beschäftigten steigt kontinuierlich. Doch bietet der robuste Arbeitsmarkt allen eine Perspektive auf Beschäftigung? Eine Berechnung des Instituts für Bildungs- und Sozialpolitik (IBUS) auf Basis der aktuellen Daten des Panels Arbeitsmarkt und Soziale Sicherung (PASS) 2012 zeigt: Nein! Denn mehr als 480.000 Menschen in Deutschland sind zwar erwerbsfähig, aber gleichzeitig so „arbeitsmarktfern“, dass ihre Chancen auf Arbeit gen Null tendieren. Ebenfalls von der Lage ihrer Eltern betroffen sind 340.000 Kinder unter 15 Jahren, die in den Haushalten der besonders benachteiligten Arbeitslosen leben.

Besonders alarmierend: Die Lage der Arbeitsmarktfernen verschlechtert sich zusehends. Bereits im Vorjahr hatte das IBUS ihre Zahl berechnet und war zu deutlich geringeren Werten gekommen (O-Ton berichtete). Mit 435.000 Menschen gab es 2011 noch zehn Prozent weniger Betroffene. Und auch die Zahl der Kinder ist gestiegen. 2011 lebten 305.000 unter 15-Jährige in den Haushalten der Arbeitsmarktfernen, 11,5 Prozent weniger als 2012.

In Anlehnung an die restriktive Bestimmung der Zielgruppe für eine öffentlich geförderte Beschäftigung durch den Gesetzgeber definieren die Wissenschaftler des IBUS Personen als arbeitsmarktfern, wenn sie in den letzten drei Jahren nicht beschäftigt waren und mindestens vier Vermittlungshemmnisse aufweisen. Dazu gehören ein Alter über 50 Jahre, alleinerziehend zu sein, Angehörige zu pflegen, ein Migrationshintergrund, geringe Deutschkenntnisse, ein fehlender Schul- und/oder Ausbildungsabschluss, schwerwiegende gesundheitliche Einschränkungen und ein durchgängiger Arbeitslosengeld II-Bezug von mindestens 12 Monaten. Diese Merkmale führen vor allem in ihrer Kombination nachgewiesenermaßen dazu, dass Arbeitgeber die Betroffenen schlichtweg nicht mehr einstellen.

Prof. Dr. Stefan Sell, Direktor des IBUS und Leiter der Studie mahnt: „Wir sehen hier eine massive Verfestigung und Verhärtung der Langzeitarbeitslosigkeit im Grundsicherungssystem – und das in Jahren, in denen wir mit positiven Rahmenbedingungen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt konfrontiert waren. Immer offensichtlicher wird die Tatsache, dass die Politik diese Personengruppe in den vergangenen Jahren schlichtweg vergessen oder bewusst in Kauf genommen hat, dass es zu einer dauerhaften Exklusion dieser Menschen aus dem Erwerbsleben kommt.“

Zum Weiterlesen:

Tim Obermeier / Stefan Sell / Birte Tiedemann, Es werden mehr. Aktualisierte Abschätzung der Zielgruppe für eine öffentlich geförderte Beschäftigung aus der sich verfestigenden Langzeitarbeitslosigkeit, Remagener Beiträge zur Sozialpolitik 15-2014