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Arbeit für Langzeitarbeitslose: Diakonie startet Initiative Pro Arbeit

(o-ton) Mit der Initiative Pro Arbeit appellieren Diakonie und Bündnispartner an die Politik, sich um Langzeitarbeitslose zu kümmern. Aufgrund der umfangreichen Sparmaßnahmen bei der Arbeitsmarktpolitik sieht sich die bundesweite Kampagne als Sprachrohr für diejenigen, die keine Förderung mehr erhalten. Ihr Ziel: Der Soziale Arbeitsmarkt, auf dem passive „Hartz IV“-Leistungen in Lohnkostenzuschüsse umgewandelt und damit Arbeitsplätze statt Arbeitslosigkeit finanziert werden.

Am Freitag, dem 17. Mai stellte die Diakonie Bayern in München die Initiative Pro Arbeit, Öffentlich geförderte Beschäftigung vor. Das Ziel der bundesweiten Kampagne ist es, für die Unterstützung Langzeitarbeitsloser zu werben. Der allgemeine Aufschwung am Arbeitsmarkt lasse die in Vergessenheit geraten, die nicht profitieren: Langzeitarbeitslose Menschen mit unterschiedlichen, meist mehrfachen „Vermittlungshemmnissen“ in Arbeit, fasste Schirmherr Prof. Bedford-Strohm, Landesbischof der Evangelischen Kirche Bayern den Hintergrund der Kampagne zusammen. Arbeit spiele eine ganz zentrale Rolle für die gesellschaftliche Akzeptanz und das Selbstwertgefühl der Menschen. Deshalb sollte Arbeit und nicht Arbeitslosigkeit finanziert werden, so Bedford-Strohm.

„Lautsprecher für Langzeitarbeitslose“

„Wir wollen ein Lautsprecher für die Langzeitarbeitslosen sein“, sagte Michael Bammessel, Präsident des Diakonischen Werkes Bayern, und die Politik in ihrem Namen dazu auffordern, ihnen Arbeit zu ermöglichen. Die Initiative Pro Arbeit präsentiert hierzu eine eigens entwickelte Finanzierungsstrategie für den Sozialen Arbeitsmarkt, den so genannten Passiv-Aktiv-Transfer. Ines Nößler, Koordinatorin der Initiative, erläuterte am Beispiel eines Vollzeitbeschäftigten, wie das aussehen könnte:

Die aktuellen passiven „Hartz IV“-Leistungen, also Regelleistung und Kosten der Unterkunft sowie Kranken- und Pflegeversicherung, etwa 880 Euro, werden aktiviert, um der Person einen Arbeitsplatz am Sozialen Arbeitsmarkt zu finanzieren. Mit weiteren etwa 800 Euro müsste der Arbeitsplatz staatlich bezuschusst werden, wenn ein Mindestlohn von 8,50 Euro vorausgesetzt wird. Weil die Arbeitsverhältnisse sozialversicherungspflichtig sein sollen, werden Abgaben und Steuern fällig. Ein Teil der Fördersumme, etwa 470 Euro, fließt so zurück in die Staatskasse. Zudem ließe sich die Summe der staatlichen Zuschüsse entsprechend verkleinern, wenn Erlöse am Markt erwirtschaftet werden dürfen.

Quelle: Initiative Pro Arbeit

Die vormals Langzeitarbeitslosen gehen so einer sinnvollen, „echten“ Arbeit nach und hätten dadurch monatlich etwa 300 Euro Netto mehr zur Verfügung. „So nehmen wir die Menschen in ihrer Würde wahr.“, sagte Nößler. „Die meisten wollen arbeiten. Sie wollen akzeptiert werden und das funktioniert in unserer Gesellschaft nun mal sehr stark über Arbeit.“

„Manche benötigen eine besondere Förderung“

Die Notwendigkeit der Förderung unterstrich der Präsident des Diakonischen Werkes Bayern. „Wir machen täglich die Erfahrung, dass manche Menschen eine ganz besondere Hilfestellung auf dem Weg in Arbeit benötigen“, sagte Bammessel. „Er reicht nicht aus, Druck auf sie auszuüben und schon krempeln sie die Arme hoch und suchen sich einen Job.“

Teilnehmer an laufenden arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen bei der Diakonia München bestätigten dies. Darunter Walter Asanger (59), der mit 51 Jahren seinen Beruf als Elektriker wegen gesundheitlicher Probleme aufgeben musste. In der darauf folgenden Umschulung erlitt er einen Herzinfarkt, danach kam die Arbeitslosigkeit mit mehr als 350 Bewerbungen und nur einer Einladung zum Vorstellungsgespräch. Ein „Ein-Euro-Job“ brachte ihn zur Diakonia, wo er inzwischen unbefristet beschäftigt ist. „Nach dem Herzinfarkt dachte ich, das war jetzt Dein Leben, 51 und Hartz IV bis zur Rente. Hier habe ich wieder eine Perspektive“, sagte Asanger.

Ähnlich bewertete Markus Posdzich (38) seine Arbeit im Second Hand-Kaufhaus der Diakonia. Nach jahrelanger Drogensucht und immer wiederkehrenden Aufenthalten in der Psychiatrie habe er erst mit zwei bis drei Stunden am Tag angefangen. „Inzwischen arbeite ich Vollzeit. Von ganz unten habe ich es nur mit kleinen Schritten bis hierhin schaffen können“, so der 38-Jährige.

Breite Diskussion über den Sozialen Arbeitsmarkt

Der Soziale Arbeitsmarkt stößt inzwischen auch bei der Politik auf breites Interesse. Grüne und SPD haben Anträge in den Bundestag eingebracht. Und auch die Bundesagentur für Arbeit sieht Handlungsbedarf, den sie mit dem kürzlich aufgelegten Programm Perspektiven in Betrieben decken will. (O-Ton berichtete).

Zum Weiterlesen:

Website der Initiative Pro Arbeit