11. Oktober 2013
(o-ton) Immer mehr Menschen in Deutschland arbeiten. Trotzdem steigt auch die Zahl der Arbeitslosen wieder. Sie profitieren kaum noch von der Nachfrage nach Arbeitskräften. Grund ist ein „Mismatch“ zwischen Arbeitslosen und den offenen Arbeitsstellen – ihre Fähigkeiten und die Anforderungen der Arbeitgeber passen häufig nicht zusammen. Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) fordert daher eine stärkere Förderung von Langzeitarbeitslosen.
Die Zahl der Erwerbstätigen in Deutschland ist in den letzten Jahren kontinuierlich und besonders seit 2009 stark gestiegen. Bis 2011 ging dieser Zuwachs mit einem deutlichen Rückgang der Arbeitslosigkeit einher. Doch seit 2011 stagniert der Abbau. Die Arbeitslosenzahl ist trotz weiterhin hoher Arbeitskräftenachfrage und einer zunehmenden Zahl Erwerbstätiger zuletzt sogar gestiegen. So waren im August 2013 rund 2,95 Millionen Menschen ohne Arbeit, etwa 41.000 mehr als im Vorjahresmonat, obwohl die Zahl der Erwerbstätigen im selben Zeitraum um 220.000 Menschen zugenommen hat. Denn mehr Erwerbstätige bedeuten nicht zwangsläufig weniger Arbeitslose. Tatsächlich profitieren sie immer seltener von der Aufnahmefähigkeit des Arbeitsmarktes.
Die Chancen der Arbeitslosen, eine neue Beschäftigung zu finden sind entsprechend deutlich gesunken. Im gleitenden Jahresdurchschnitt zwischen September 2013 und Oktober 2012 nahmen monatlich nur noch 6,4 Prozent der Arbeitslosen eine Arbeit auf. Im selben Zeitraum des Vorjahres waren es noch 6,7 Prozent. 2011 lag die so genannte Abgangsrate noch bei 7,1 Prozent, 2010 bei sieben (BA-Monatsbericht September 2013, S,16). Statt der Arbeitslosen nahmen zunehmend Personen aus der so genannten Stillen Reserve, darunter besonders Ältere, Frauen und Zuwanderer eine Beschäftigung auf, erklärt das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung die ungleiche Entwicklung von Erwerbstätigkeit und Arbeitslosigkeit (IAB, Ausbau auf solidem Fundament, S.4).
Mismatch: Arbeitslose und Arbeitsplätze passen nicht zusammen
Wenn Arbeitslose trotz solider Nachfrage nach Arbeitskräften nicht in Arbeit kommen, liegen die Gründe hierfür in strukturellen Problemen des Arbeitsmarktes, dem sogenannten Mismatch zwischen den Arbeitslosen und den vorhandenen Arbeitsplätzen. „Oftmals passen die Profile der Arbeitslosen in berufsfachlicher, qualifikatorischer und regionaler Hinsicht nur unzureichend zur Arbeitskräftenachfrage“, erklärt die Bundesagentur für Arbeit im Monatsbericht vom September 2013 (BA-Monatsbericht September 2013, S.13).
Dieser Mismatch ist in den letzten Jahren weitestgehend unverändert geblieben. Nach dem deutlichen Rückgang der Arbeitslosigkeit erschwert er nun den weiteren Abbau bei den verbleibenden Arbeitslosen (A. Bauer (IAB), Mismatch unemployment). Auch in den kommenden Jahren sei nicht davon auszugehen, dass sich das Problem des Mismatches zwischen Arbeitslosen und offenen Stellen entspannt. „Mit einem starken Rückgang der Arbeitslosigkeit ist vorerst nicht mehr zu rechnen, strukturelle Probleme werden deutlicher“, heißt es in der Arbeitsmarktprognose 2013/2014 des IAB (IAB-Prognose 2013/2014, S.1).
„Die größten Probleme, wieder in Beschäftigung zu kommen, haben Langzeitarbeitslose.“
Die Arbeitsmarktforscher des IAB sprechen sich daher in ihrem aktuellen Forderungskatalog für eine intensive Förderung von Langzeitarbeitslosen aus, denn nur so sei es möglich, die Arbeitslosigkeit in Deutschland weiter zu reduzieren. Dazu gehöre insbesondere eine Qualifizierungsstrategie mit stärkerer finanzieller Unterstützung von Ausbildungen.
Bei Langzeitarbeitslosen mit so genannten multiplen Vermittlungshemmnissen „könnte auch ein geschützter sozialer Arbeitsmarkt hilfreich sein“, um soziale Teilhabe zu ermöglichen und die Beschäftigungsfähigkeit zu erhöhen, heißt es in dem Papier. Hier sei es denkbar, dass das Ziel der Erwerbstätigkeit zunächst zurückgestellt werde. Dann müsse man die Zielgruppe allerdings sehr eng fassen und deren Möglichkeiten am ersten Arbeitsmarkt regelmäßig prüfen, um ihre Chancen auf reguläre Beschäftigung nicht zu verbauen (IAB, Ausbau auf solidem Fundament S.9).
Quellen:
Bundesagentur für Arbeit, Der Arbeits- und Ausbildungsmarkt in Deutschland, August 2013
Bundesagentur für Arbeit, Der Arbeits- und Ausbildungsmarkt in Deutschland, September 2013